Dienstag, 28. April 2009

Tertulia (3)


Bernardette kommt zu mir herüber. Tertulia! Endlich. Ich muß mit ihr reden. Irgendwie passieren Dinge in letzter Zeit, ohne daß sie eigentlich... passieren. Wie soll ich sagen? Ich beobachte meine Schweine. Alles normal. Der Esel. Gut geschnittene Hufnägel. Die Hunde. Sind ruhig.



- Mon dieu, sagt Bernardette. Was machst Du Dir für Sorgen! Brauchst Du Abwechslung, soll ich Dir ein paar meiner Maximen für Frauen vortragen?
- Deiner Maximen? frage ich.
- Alors, sagt Bernardette, als hätte sie das nicht gehört. Ihr sollt euch selbst getreu sein!
- Eine schöne Maxime, sage ich.
- Et après, fährt sie fort, Nummer drei. Ihr sollt euch von den Männern nicht imponieren lassen, Einzelfälle ausgenommen, die jedoch die Regel bestätigen. Der Mann ist an und für sich kein annehmbares Beispiel.

Natürlich glauben wir daran, daß wir die edleren, würdigeren, aristokratischeren, kurz -- die holderen Geschöpfe sind. Ihr kennt uns ja.



- Aber gibt es denn keine Hoffnung für den Mann, frage ich.
- Wenig, antwortet Bernardette.
- Es gibt doch nette Fußballspieler, wende ich ein.



Junge, gutaussehende Musiker.



Dirigenten.



Sänger.



- Gleichwohl! ruft Bernardette. Der Mann, als solcher, wird immer eine Passion mehr haben.
Darauf weiß ich keine Antwort.

Montag, 27. April 2009

Wörterbuch (3)



Life imitates art far more



than art imitates Life,
findet
Dulcinea

Freitag, 24. April 2009

Karl Mickel


Libation



Hör ich recht? der auf dem Bildschirm, aus

Spanien, sagt, was ich dem Freunde kürzlich
Vertrauete. So denkt der Mann in meinem

In seinem Kopfe ich. Ich goß ein wenig

Wein aus vor seinem Bild und sprach: Salute

Oder Prost. Mehr, als wir denken, sind wir.

Dienstag, 21. April 2009

Patria de Dulcinea (4)


Ihr fragt Euch vielleicht, was das Pökeln für eine Tätigkeit ist. Wieviel Konzentration man dazu braucht. Wie es so von der Hand geht. Darauf gibt es leider, wie auf vieles im Leben, keine einfache Antwort. Es kommt darauf an!



Ich habe Euch schon erzählt, daß wir am Anfang Fische gepökelt haben. Falls Ihr das für einfacher oder etwa poetischer haltet als das Schweinepökeln, dann muß ich Euch leider enttäuschen. Tief. Denn Fische pökeln, das ist so ziemlich das Schlimmste, was es gibt. Und nicht wegen des Geruchs, der einen natürlich auch verfolgt. Nein. Deswegen:



Seht Ihr, was mir da an den Händen klebt? Ja, eben! Schuppen! Die Schuppen sind das Problem. Man wird sie nicht mehr los. Sie kleben am Ende überall. Auf dem Fußboden. Auf den Messern. An den Sachen. In den Haaren. An der Salztüte. Auf den Armen. Das finde ich nicht schön. Stellt Euch vor, man geht zu einem lang erwarteten Stelldichein. Und gerade, wenn man so am Dahinschmelzen ist, fällt der Blick auf eine festgeklebte Fischschuppe! Ja. Da ist es dann vorbei mit der Poesie. Das ist klar.

Daher ist das Pökeln von Schweinen viel besser. Schweine haben keine Schuppen. Die Pökelteile sind größer. Gut, sie sind auch schwer. Aus diesem Grund mache ich oft Pökelpause, Ihr wißt es schon.




Was nun die Konzentration anbelangt: Ja, man braucht seine Sinne beieinander. Weil man sich im Salz nicht vergreifen darf. Man darf nicht zu viel nehmen, aber auch nicht zu wenig! Darin liegt die hohe Kunst des Pökelns. Im Auffinden des richtigen Maßes. Immer und immer wieder. Hier ist es beispielsweise mißlungen:



Nun muß ich zum Schluß aber noch einen unschätzbaren Vorteil des Pökelns erwähnen. Stellt Euch einmal vor, Euer Beruf wäre, zum Beispiel, das Schreiben. Diesen Anfang:



könntet Ihr natürlich vollständig vergessen, wenn Euch da zufällig
Tränen drauftropfen! Dieser schöne Buchstabe, aus dem vielleicht das Wort Arkadien werden sollte, oder Adagio, Apart, oder einfach ein Ach -- verwischt, verschwommen, verdorben! Pökelgut dagegen. Es wird durch Tränen nicht schlechter, sondern besser! Dies ist ein geheimnisvoller Zusammenhang, den ich noch nicht vollkommen durchschaut habe. Beim Nachdenken hilft mir dann das Musizieren.



Vor allem, wenn Marin vorbeikommt. Das ist wirklich ein Glück,
findet
Dulcinea

Donnerstag, 16. April 2009

Bericht an eine Akademie (C)


Chamartín, Ciudad-Jardín (1953):
Cinema called "Covadonga".



Conocido como "Covacha".

1975-78
Cinemateca Nacional.
Cult! Culture! Cool!
Cine-de-autor, ciclos cine-músical.
Clientela: Cinéfilos.
Chicos con... chicas.


1989
Cerrado.
Candado.
"CERRADO POR REFORMAS,
CERRADO POR REPARACIÓN.

¿Qué tipo de reparación?

¿Cuándo termina dicha reparación, dicha reforma?

¿Cuándo, por lo menos,
empezará?
Cerrado... cerrado... cerrado...
todo cerrado..."

Contrapunto
Cooperación cinematográfica (Andrés Vicente Gómez, Víctor Manuel, Antonio Resines, Rosa María Mateos
)
.
Cuatro cines corrientes en la casa? Qué idea!
Chamartín (junta del distrito): Contra concesión.
Cínico.
Cervantesco.
Corrupto?


28.2.1991
Chispas.
Chisperos.
Chisporroteos!
Cinco (madrugada): Casa carbonizada.
Catástrofe. Cenizas.
Cables? Cortocircuito?
Scientificly confuted.

Cui bono?



Sonntag, 12. April 2009

Lyke-Wake Dirge




This ae nigh
te, this ae nighte,
Every nighte and alle,
Fire and fleet and candle‑lighte,
And Christe receive thy saule.




When thou from hence away art past,
Every nighte and alle,
To Whinny-muir thou com'st at last;
And Christe receive thy saule.




From Whinny-muir when thou may'st pass,
Every nighte and alle,
To Brig o' Dread thou com'st at last;
And Christe receive thy saule.




From Brig o' Dread whence thou may'st pass,
Every nighte and alle,
To Purgatory fire thou com'st at last;
And Christe receive thy saule.




This ae nighte, this ae nighte,
Every nighte and alle,
Fire and fleet and candle‑lighte,
And Christe receive thy saule.


Donnerstag, 9. April 2009

Bericht an eine Akademie (B)


Bernardette.



Bernardette beginnt beispiellos.
Brunos Braut? Bund? Beiwohnen? Bald?
Buhu! Bä!

Betriebsame, bewegliche Bernardette. Behutsam, Bruno!

Brauttermin.
Biederer Bruno, breitbeinig.
Blicke.
Blötzlich:
- Bye, bye, Bruno!
Bernardette braust bravourös. Brumm! Brummbrumm!
- Bleib, Bernardette! (Bitte?)
Bruno blamiert. Böse. Bloßgestellt.

Befreiung!

Berge.



Bodenfreiheit.
Beinfreiheit.



Bernardette barfuß.

Blumen.
Blümlein!



Bunte Blumen.
Blaue Blumen.



Bäume, Blätter.
Bernardettes Baradiese:
Bäche,



Bäche,



Bäche.



Bernardette beträchtlich berauscht, beglückt.

Barockmusik.
Buxtehude, Burcell, Bach.

Bändel?

Bernardette bettet (nicht: betet! nicht: bittet!).
Bona-nit.
(Bericht beendet.)

Sonntag, 5. April 2009

Begleitung


Und wißt Ihr was? Wenn ich jetzt gleich meinen Bach besuchen werde, Ihr wißt schon, diesen hier:




dann bin ich nicht allein! Nein. Ich habe nette Begleitung.



Ist das nicht schön?
Dulcinea

Freitag, 3. April 2009

Patria de Dulcinea (3)

Das Problem ist gar nicht, daß wir Pöklerinnen nicht schön sind. Sicher, es gibt solche und solche. Arbeitende Landfrauen, Müllerinnen, Fischerinnen, Pöklerinnen, haben immer rauhe Hände, beispielsweise. Aber bevor wir unsere sieben Kinder kriegen, sind wir doch meist sehr schön.



Das Problem ist auch nicht, daß es Vorurteile gegen meinen Berufsstand gäbe. Sicher, die Poesie von Schweinen hat bislang noch kaum einer erkannt. Ich denke, ich sollte darüber einst ein Poem verfassen. Denn selbst in moderner Zeit werden Schweine in manchen Machwerken verzerrt und häßlich dargestellt. Aber den Schinken, den mögen dann doch alle! Nun ja.



Nein. Das Problem liegt ganz woanders. Das Problem ist, daß es bei uns so wenig Wasser gibt. Die Mancha ist so kärglich, so trocken! Bernardette beschwert sich oft, daß nicht einmal richtiger Klee gedeiht, für die Kühe. Hätten wir doch Bächlein! Bächlein!



Denn es weiß eine jede: frische, wunderhelle Bächlein bringen viele wandernde Junggesellen des Wegs. Wer wandert, der sucht sich lieber einen schattigen Weg am Bach,



als einen Weg in der prallen Sonne über die Hügel der Mancha!



Ach! Wie gern hätten wir sie, die Bächlein!
Ach! Wie gern hätten wir sie, die Junggesellen!
Die sängen:

Ist das denn meine Straße?
O Bächlein, sprich, wohin?
Du hast mit deinem Rauschen
Mir ganz berauscht den Sinn.



Es ist der Bach. Der Bach!
Der Bach ist das Problem.

Nun stellt Euch einmal vor, ein einsamer Wanderer würde sich doch einmal in unsere kärgliche Mancha verirren. Er käme über die Hügel, erwartungsfroh, er sähe meinen Hof, er hörte die Schweine grunzen und die Vögelein singen. Und dann sähe er mich und sagte sich:

O Vöglein meiner Liebe,
Was bist Du wunderlich!
Will's ja nicht weitersagen,
Sag, Vöglein, liebt sie mich?

Ich würde doch dahinschmelzen! Das ist ja das Problem. Kein Jäger der Welt könnte mich davon abhalten, diesen Wanderer zu erhören. Sofort und auf der Stelle! Alle Wanderer! Die kämen! Aber es kommen keine. Daraus folgt auch, daß etwaige Wanderer nun gar nicht mehr folgende Zeilen singen:



Ich möchte liegen vor ihrer Tür.
In Sturm und Regen und Schnee.
Und singen ganz leise bei Tag und Nacht
Das eine Wörtchen: Ade!

Wo ist da die Romantik, bitte, wenn das nicht mehr gesungen wird? Wenn nicht mehr gelitten wird? Und schließlich würden sich diese Wanderer ja auch gar nicht ertränken. Wo denn! Kein Bach könnte ihnen ein Wiegenlied singen!



Es ist der Bach. Der Bach!
Der Bach ist das Problem.

Deshalb, allein deshalb, wird es niemals Hohelieder auf "Die schöne Pöklerin" geben. Und auch nicht auf "Die schöne Windmüllerin". Wegen dieser verfluchten Trockenheit. Denn für die Liebe ist zumindest ein klein wenig Feuchtigkeit notwendig. Die Liebe, erst recht die unerfüllte, gedeiht besser an Bächen.


Und an großen Flüssen. Das wißt Ihr ja.

In diesem Sinne grüßt Euch,
Dulcinea

Mittwoch, 1. April 2009

Patria de Dulcinea (2)


Manche von Euch wissen ja, wo El Toboso liegt. In der Mancha. Unser Dorf hat einen sehr schönen Eingang:




Was die Aufschrift an dem Haus bedeutet, verstehe ich nicht ganz, aber gut. Einmal sind wohl nach Mitternacht zwei Verirrte bei uns im Dorf unterwegs gewesen, oder Verwirrte, da sind sich die Quellen noch nicht ganz einig. Man sagt, sie seien auf Pferden gekommen, oder, besser, auf einem Pferd und einem Esel. Ich hoffe, Sancho hatte nichts damit zu tun! Sie haben sich unterhalten und seien mehrmals um unseren Kirchturm herumgeritten. Mitten in der Nacht, das muß man sich vorstellen. Was sie wohl gesucht haben?




Hier seht Ihr mein Arbeitszimmer. Wo ich pökele, in erster Linie. Danach lese ich hier auch die Zeitung, singe oder höre Hörspiele. Oder tue andere schöne Dinge. Ich meine, Fußball gucken oder so.
Ganz am Ende gehe ich schlafen.



Und träume. Seht Ihr mich atmen?



Bis meine Schweine, namentlich Aurora - vielleicht auch Fortuna - die Morgenröte ankündigen.
Poetischer kann es kaum sein, oder?
Es grüßt Euch,
Dulcinea