Sonntag, 31. Mai 2009

Desengaño


Zum Beispiel: in jedem Mai schlagen die Nachtigallen aufs neue in den Gärten des Nordens - warum? Singen, daß man vor Süße nicht einschlafen kann, und was weiß man über sie? Doch kaum den Ursprung des Namens, der in verschiedenen europäischen Sprachen andere Eigenschaften des Vogels unterstreicht.



Das deutsche Nachtigall bedeutet nichts anderes als... Nachtsängerin. Sehr poetisch sei das nicht, eine simple Berufsbezeichnung, ich habe mir schon immer Gedanken gemacht über den Realismussinn barbarischer Völker.



Dagegen, rossignol im Französischen, das ist ein anderer Klang. Und von geradezu poetischer Andächtigkeit ist das spanische ruiseñor. Die Eleganz der Nachtigall äußert sich nicht nur in ihrem Gesang, es zeigt sich auch daran, daß sie kühle und schattige Plätze bevorzugt, Bäume von einer gewissen Kultur, unter denen man wiederum in schlaflosen Nächten Sonette von Shakespeare zitieren könnte, im Original, schon um das wunderbare englische Wort nightingale aussprechen zu können.



Da ging die Jüngste vom Tisch mit der Bemerkung: Ich seh mal nach.
In diesem Lande, sagte es, da es mit Meyers Neuem Lexikon, Band 9, Lyna bis Nazor, zurückkam, sind deine Nachtigallen ausgestorben.
Das nennen wir:
Desengaño.

Ich hoffe, Ihr habt alle ein oder zwei wirklich gute Nachschlagewerke zu Hause. Enzyklopädien, mit denen Euch so etwas nicht passieren kann!



Das wünscht Euch
Dulcinea

Samstag, 23. Mai 2009

Bericht an eine Akademie (D)


Dresdens Dächer, denkmalgeschützt.



Darunter dreizehn Dienstmädchen:




Dezente Damen, deutlich dahinter.




Das Dresdner-Barockorchester dirigiert Durklänge.



Dresden, deine dreitausend Dichter!

Delfter Darstellungen, darunter:
DULCINEAS DREAM --



Du? Du? -- Dorian?
Dämmerung...
Dulcinea darbend. Durst!



Domecq!
Dann... diskrete Dunkelheit.
Durchwacht - durchdacht.

Darf das...
Dort! Dielen, daunenweich. Dämonisches Doppelwesen --
doch! doch!

Dieses Diesseits! deklamiert Dorian durchflutet.
Dann dümpelt Dorian davon. Durativ!

Denkend durchbraust, dankend durchatmet:
Dulcinea.

Montag, 18. Mai 2009

Lesung


Ihr könnt Euch sicher denken, daß unser Leben oft eintönig und trist dahinfließt, hier in El Toboso. Wir haben wenig Abwechslung. Daher freuen wir uns immer besonders, wenn uns ein junger Schriftsteller zu einer Lesung besuchen will!




Hier seht Ihr Bernardette, Karl und mich, wie wir damals voller Vorfreude auf Thomas Bernhard gewartet haben, der gerade in Madrid weilte. Er wollte uns etwas aus Der Untergeher vorlesen sowie aus seinem damals gerade neu erschienenen Buch. Meine Exemplare sind wieder so klein gesetzt, daß ich Schwierigkeiten beim Lesen habe, sogar mit Brille!
Jedoch, leider, er hatte dann doch keine Zeit. Er mußte viele Interviews geben, das ist klar, daß er da nicht kommen konnte.
Tja. Er hat uns aber einige seiner tieferen Einsichten per Videobotschaft übermittelt, das war damals ganz modern.



So verschaffen wir uns doch ab und an nette Abwechslung.
Es grüßt Euch herzlich
Dulcinea

Sonntag, 17. Mai 2009

Samstag, 16. Mai 2009

Makulaturblätter (2)


Ich bin wieder zu Hause!




Es war sehr schön, da draußen in der weiten Welt, aber ich habe meine Schweine, Hunde und den Esel auch ganz schön vermißt. Von Karl und den übrigen Töchtern einmal abgesehen.


Im Stall habe ich allerdings sofort Dinge entdeckt, die mir nicht gefallen. Ein neues Blatt ist aufgetaucht, mit dieser Schrift darauf, die angeblich von Berganza ist. Lächerlich!



Wie soll er das denn schreiben? Mit seinem gespaltenen Huf? Ich habe weder Tintenfaß noch Papier gefunden, und ich weiß immer noch nicht - und, um genau zu sein, immer weniger - wer ihm beim Verfassen eines solchen Unsinns helfen könnte.

Ich laufe zu Bernardette hinüber. Sie habe ich besonders vermißt.



Gemeinsam betrachten wir den Zettel.

Nach einiger Zeit
stimmt Bernardette leise, ganz leise das Si ambulem in medio umbre mortis an. Bald stimme ich ein.
So kann ich meine Sorgen doch noch einmal vertreiben.
Dulcinea

Dienstag, 12. Mai 2009

Gehörte Zeit


Musik macht einen fremd, obwohl ja alle dauernd Musik hören, der eine dies, der andre das, man kann sich ja kaum vor ihr retten, sie ertönt einfach überall, manchmal fast nur noch als Wummern von Bässen, und trotzdem: wenn man sie selbst erzeugt, die Musik, wird man dabei, auch für sich, gleichzeitig etwas Fremdes, nicht so fremd, wie die Komponisten es gewesen sind, aber doch, denn ihren Rufen folgt man schließlich, und wohin sie einen locken, das sollte man wissen, wenn man ordentlich geübt hat...




...aber wenn wir dort angelangt sind, dann bricht eben auf einmal dieser Boden unter uns ganz weg, wir sind selber ganz weg, und wir wissen, daß wir nicht mehr gemütlich unter uns sind, sondern daß das, was unter uns ist, sich bewegt - wie die Zeit. Keine Rettung.

Sonntag, 10. Mai 2009

Reisenotizen (4)


Überall hört man hier am frühen Abend Nachtigallen.



Das finde ich sehr schön, und sie singen herrlich.
Dulcinea

Samstag, 9. Mai 2009

Reisenotizen (3)


Überall haben die Linden hier Blüten angesetzt.



Das finde ich sehr schön, und es... duftet herrlich!
Dulcinea

Freitag, 8. Mai 2009

Reisenotizen (2)


Überall wächst hier Rhabarber.




Das finde ich sehr schön, und er duftet herrlich.
Dulcinea

Donnerstag, 7. Mai 2009

Reisenotizen (1)


Überall blüht hier Flieder.



Das finde ich sehr schön, und er duftet herrlich.
Dulcinea

Mittwoch, 6. Mai 2009

Ich möchte ziehn...


... in die Welt hinaus. Hinaus in die weite Welt!
O wackre heile Welt.


Ade, ade!


Zwangsvorstellung: Das Coupé mit jemandem teilen müssen, der gerade seine Doktorarbeit über das Thema "Das epische Theater und der Dramatiker Bertolt Brecht" vollendet hat.

Hoffentlich habe ich Glück. Ich, für meinen Teil, habe drei Bücher, zwei Aufsätze und eine Partitur dabei. In meiner Tasche, seht Ihr sie?
Vielleicht schicke ich Euch einmal eine Ansichtskarte.
Auf bald!
Dulcinea

Sonntag, 3. Mai 2009

Samstag, 2. Mai 2009

Universum (4)


Nun ist es also geschehen. Wovor ich mich insgeheim so sehr gefürchtet habe.
Aurora und Fortuna!
Fortuna und Aurora!



Es ist nur noch eine da, die andere ist fortgegangen. Fort von mir! Ein unglaublicher Vorfall. Hinaus in die weite Welt!



Ich mache mir große Sorgen. Was wird sie tun? Wohin wird sie sich wenden? Da draußen lauern zahlreiche Gefahren, von denen sie nichts wissen kann. Ich hoffe sehr, daß sie uns schreiben wird, daß sie uns Billette schicken wird von ihren Stationen, mir und...
Aurora?
Fortuna?

Nach längerem Nachdenken beschließe ich, daß das daheim gebliebene Schwein Aurora zu sein hat. Meine Morgenröte. Natürlich! As with rosy steps... Es war mir, solange ich denken kann, ohnehin immer das liebste Schwein. Desgleichen scheint es mir sinnvoller, das hinausgegangene Schwein Fortuna zu nennen. Das kann dort draußen nicht schaden.
Uns bleibt nichts weiter zu tun. Wir werden warten.



Ich blicke auf ein wahrhaftig bewegtes Schweinejahr zurück. Im Grunde genommen sind es ja nur ein paar Monate, aber bis auf meine berechenbaren, relativ prosaischen Naturen Penélope und Napoleon ist nichts, wie es eigentlich sein sollte. Zuerst die Geschichte mit Sancho und diesem Quijana, samt dem in Pflege genommenen Esel Paul. Erinnert Euch. Dann Sanchica, der Ingenieur und Movi-Estrella. Dann Schweine, die ihre Identitäten tauschen. Und dann Berganzas Lebensgeschichte. Ich bitte Euch! Was soll daraus noch werden?
Ich halte Ausschau.



Aber je länger ich schaue, und je länger ich nachdenke, um so klarer wird mir, daß eine gute Verwirrung doch mehr werth ist, als eine schlechte Ordnung.
In jedem Fall.
In diesem Sinne grüßt Euch
Dulcinea